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Was macht eine Psychologin in der Backstube?

Was macht eine Psychologin in der Backstube?

 Leonie hat in Bielefeld Psychologie studiert. Nach ihrem ersten Berufsjahr fängt sie nun bald in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Zwischen den beiden Jobs hat Leonie 14 Tage in der Hercules Bäckerei hospitiert. Aber warum? Ein Interview mit Leonie.

 Warum hast Du Dich für die Bio-Bäckerei Hercules entschieden, um hier zu hospitieren?

Leonie: Als Kind wollte ich immer gerne Bäckerin werden, weil ich gerne backe. Nun habe ich einen anderen Beruf gewählt, aber trotzdem wollte ich gerne hinter die Kulissen einer Backstube schauen. Mich interessierte vor allem, wie Profils handwerklich backen. Als ich mich dazu entschied, war mir wichtig, dass ich in einer Mühlenbäckerei hospitiere und deshalb habe ich bei der Bio-Bäckerei Hercules angerufen. Johannes Dackweiler war sehr freundlich und hat mich direkt eingeladen. Ich war überrascht, dass meine etwas komische Idee bei ihm auf offene Ohren stieß, denn es besteht ja die Frage, was eine Psychologin in der Backstube macht? Doch er war offen und sagte: „Klar, kannst Du bei uns hospitieren!“

Warum eine Bio-Bäckerei?  

Leonie: Ich achte auf hochwertige Lebensmittel. Dahinter steckt für mich eine Haltung, weil die Hercules Bäckerei auf Fertigmischungen verzichtet und ohne chemische Hilfsmittel auskommt. Und mir gefällt besonders, dass das Getreide von einem Bio-Landwirt aus der Region kommt. Es ist der gute Bekannte einer Freundin, den ich aber leider noch nie kennengelernt habe.

Wie hast Du die nächtliche Arbeit in der Backstube erlebt? 

Leonie: Ich habe zunächst an der Seite gestanden, habe zugeschaut und war zurückhaltend, weil ich nicht stören wollte. Mich hat beeindruckt, dass in dem Team alles Hand in Hand geht: Jeder Handgriff sitzt, alles ist perfekt zeitlich abgestimmt, ist effizient. Bäckermeister Stefan hat mich direkt einbezogen, mir gezeigt, wie man den Teig knetet, aber am Anfang mussten mir die anderen noch helfen. Doch zuletzt war es cool, weil meine gekneteten Teige immer mehr die Qualitätskontrolle der anderen bestanden haben und auf Blech zum Backen durften. Mir gefällt vor allem, wie in der Backstube mit Lebensmitteln umgegangen wird. Alles ist Handarbeit und selbst die Schokostreifen für die Croissants werden selbst gemacht. Ich hatte gedacht, dass die Backwaren hochwertig sind, doch es hat meine Erwartungen bei Weitem übertroffen.

Und wie hast Du Deinen Rhythmus auf die Nachtarbeit umgestellt?

Leonie: Das war nicht so einfach. Ich habe meinen Freunden gesagt, dass ich sie entweder morgens nach der Arbeit zum Frühstück treffen kann oder sie vor dem Arbeitsbeginn abends sehen könnte. Und ich habe mir genug Zeit eingeplant, um tagsüber zu schlafen. Wenn ich abends losgefahren bin, war ich manchmal auch müde, aber wenn ich in der Backstube angekommen bin, war ich inspiriert und freute mich auf die Arbeit.

Gibt es ein Erlebnis, was Dir besonders in Erinnerung bleibt?

Leonie: Ich erinnere mich gerne daran, als morgens um 4.30 Uhr die Berliner frisch aus der Fritteuse kamen, ich Marmelade zugefügt habe und dann habe ich in einen Berliner gebissen, der noch warm war. Köstlich, ein Hochgenuss – das war ziemlich cool!

Wie hat die Arbeit Deine Einstellung zu der Bio-Bäckerei verändert?

Leonie:  Mir ist bewusster geworden, dass die Backwaren aus einer Bio-Bäckerei sehr wichtig für unsere Gesundheit sind, weil es qualitativ hochwertige Lebensmittel sind. Zu Hause fehlt mir das Wissen ein so gutes Brot zu backen und es ist sehr aufwendig. Deshalb finde ich es super, dass es die Anlaufstelle, eine Bäckerei gibt, wo man gutes Brot kaufen kann. Ich habe noch den Bäckermeister Stefan im Ohr, der sagte: „Wer einen guten Bäcker hat, braucht keinen Arzt.“ Es ist witzig, aber in der Zeit meiner Hospitanz habe ich festgestellt, dass ich keinen Heißhunger mehr auf Süßkram hatte und vorher habe ich sehr oft einfach eine Tafel Schokolade ruckzuck gegessen. Ich bin ein wenig traurig, dass die schöne Zeit vorbei ist.